Das Wetter wird nicht besser… Wir fahren an der mächtigen Queen Marry II vorbei zu einer Tankstelle, um Treibstoff zu bunkern. Und begegnen einem älteren, reiseerfahrenen Herrn, der mir interessante Fragen stellt, und uns gleichzeitig über die bevorstehenden Mitsommerfestlichkeiten informiert, die alle Leute hier zu beflügeln scheinen. Und tatsächlich sehen wir beim Ausfahren an einer Landzunge einen riesigen Holzstapel, der bald entzündet und die Herzen erfreuen wird.

Draussen häufen sich die Fischfarmen, die das ‘schwimmende Gold’ Norwegens züchten. Wir fahren näher ran an diese riesigen, kreisrunden Käfige, die in Gruppen zu sechst oder zwölft in den Fjorden liegen, und beobachten, wie schwimmende Kräne und Saugmaschinen die Lachse ‘ernten’.

Es gibt massive Kritik an diesen Fischfarmen, teils weil die in Aquakulturen grossgezogenen Tiere immer wieder aus den Gehegen ausbrechen und die natürliche Lachspopulation mit Krankheiten ansteckt und schwächt, teils weil die oft degenerierten Zuchtfische in der Verkaufsauslage oder im Plastikbeutel der Geschäfte nur als Filetstücke schön aussehen. Würden wir Konsumenten diese massiv veränderten Fische in ihrem Originalzustand sehen, wir würden sie weder kaufen noch essen. Selbst das ‘rot’ ihres Fleisches wird durch die spezielle Nahrung hervorgerufen – wer weiss, was da noch alles drinsteckt… Jedenfalls ist Fischzucht ‘big business’, das von ein paar wenigen Familien oder Clans kontrolliert wird, die selbst in Norwegen nicht nur Freunde haben; da werden oft auch heftige und kontroverse Diskussionen geführt.

Heute entscheiden wir uns erst während der Fahrt, wo wir anlegen und schlafen; wir schauen auf dem Navigationssystem, wo es Häfen mit einer Tankstelle gibt, und entscheiden uns für Aure. Ein netter Ort mit einem kleinen Hafen, wo gerade einmal drei Schiffe in meiner Grösse liegen. Es gibt hier gleich am Pier einen Laden für alles Mögliche, von Fischerei über Gartenarbeit bis zu Autoersatzteilen, weiter oben eine kleine Einkaufspassage mit einem Lebensmittelgeschäft, einem Woll- und Strickgeschäft (für die Damenwelt), einem Coiffeursalon und einer Art Kaffee-Restaurant sowie eine Bank, und es gibt etwas abseits ein neues, grosses Lebensmittelgeschäft mit weitläufigem Parkplatz, also für die gesamte Region. (Hier finden wir endlich auch eine Toilette, was insofern gut ist, als dieser Laden schon ab sechs Uhr in der Früh öffnet und erst um elf in der Nacht schliesst – nur ist er fast einen Kilometer vom Hafen entfernt.) Weiter gibt es eine sehr schön gelegene Kirche mit umliegendem Friedhof, was diesen Ort fürs Auge in ruhiger Pracht erscheinen liesse, würde es nicht in Strömen regnen.  Und es gibt neue, sehr grosszügig angelegte Schul- und Sportanlagen (was mir natürlich sofort auffällt) sowie ein Hotel, das zu Lois Leidwesen geschlossen ist – die Saison beginnt erst zur Mitsommerwende…

So quetschen wir uns wieder unter ein zwei Meter breites Vordach beim Geschäft am Hafen, köcheln unser Nachtessen – und bekommen Besuch von einem älteren, aber sehr robust aussehenden Herrn, der mit seinem Kajak (!) neben der ArgoFram angelegt hat: er hat sich vorgenommen, von der Südspitze Norwegens bis zum Nordkap zu rudern… Täglich wenige Dutzend Kilometer, wenn’s gut läuft, peu à peu – sagenhaft fabelhaft!