So wie in Stadtlandet ab vom Schuss zu sein hat etwas Reizvolles, doch nun wünschen wir uns wieder mehr ‘Leben’, mehr Infrastruktur, mehr Zivilisation. Ich zumindest. Denn durch die abgelegenen Gegenden zu reisen, so schön sie auch sein mögen, kostet Kraft. Zehrt. Speziell bei diesem Wetter.

So beschliessen wir, nach Alesund zu fahren – ein Katzensprung nur, keine zwei Stunden durch die nüchtern schöne Inselwelt, die uns schützt vor dem rohen Atlantik.

Und es überkommt mich der Gedanke: wie in aller Welt sind die Leute früher, diese Wikinger, in den offenen Atlantik hinausgekommen; wie haben sie die Inseln der Faröer, wie haben sie Island und später Grönland und sogar ‘Vinland’, also die Ostküste des heutigen Kanadas und der USA, erreicht? Und warum? Warum sind sie ‘einfach so’ hinausgefahren, wo es hier, in diesem durch die Inseln geschützten Küstenbereich Norwegens, zwar hart, aber doch auch so viel gemütlicher ist?!

Bevölkerungsdruck mag es nicht gewesen sein, reine Entdeckungslust auch nicht – sind sie, die Fischer, auf all diese Inseln gestossen, weil sie auf der Suche nach Nahrung den Fischschwärmen nachgefahren sind? Und dann gemerkt haben, dass auf diesen Inseln und Landstrichen (nicht vergessen, es war damals viel wärmer als heute) veritable Lebensgrundlagen vorhanden sind, um schliesslich auszusiedeln und ihre Familien hinüberzubringen? Oder wollten sie auswandern, weil ihnen die ständigen Konflikte und Kriegereien auf den Sack gegangen sind und einfach nur arbeiten und leben wollten, ohne einer Obrigkeit zu dienen? Wie bei uns im Jura, den Freibergen?

Neues Land entdecken – ein Menschheitszug, der Kräfte freisetzt, Innovation schafft, und die Geschichte immerzu weiterschreibt: mit der Argo in den Kaukasus, mit der Fram in den Norden, dann in die Antarktis, und mit Musk auf den Mars… Wir sind so. Und ich hintendrein. Selber sehen wollen.

Nun gut, Alesund ist mit gegen 50’000 Einwohnern relativ gross, belebt, ein Knotenpunkt. Heute auch ein Hafen für die Queen Marry II, die nebenan liegt. Und die Stadt zu überragen scheint.

Die Hafengebühren sind horrend, aber es gibt nichts hier, nicht einmal Toiletten. Segler müssen selbstlos sein in Norwegen, oder alles an Bord haben. (Der Hafenmeister sagt uns lapidar: gehen sie in eines der Restaurants hier…). Dafür gibt es Fischer. Die ihre Ware direkt nach dem Fang am Hafen verkaufen – wir decken uns mit Schrimps ein, einmalig fein! Und wir machen eine Stadttour, kommen an einem supermodernen Hallenbad vorbei, und geniessen den Regentag mit schwimmen im warmen Wasser, saunieren, erholen.

Auch in Alesund zu sehen: das Brudeegget, eine schwimmende Rettungskapsel und Vorläuferin der heutigen geschlossenen Rettungsboote, die mittlerweile bei allen (Kreuzfahrt-)Schiffen mitgeführt werden. Und jenen zu überleben helfen, die organisiert in die ferne Weite ziehen, und dabei abzusaufen drohen. – Ein cleverer und mutiger und von seiner Idee zutiefst überzeugter Typ, dieser Ole Martin Brude (unbedingt googeln!).

Abends gehen wir in ein etwas besseres Restaurant. Interessant: die meisten der uns empfohlenen Restaurants scheinen ausgebucht. – Wir ziehen einfach los und lassen uns überraschen, und bekommen auch ohne Voranmeldung einen Tisch. Und lassen uns verwöhnen.

Lustig: all diese Restaurants, bei denen wir unterwegs hineinschauen, werden von Norwegern geführt, aber von Gastarbeitern betrieben. Die bringen ein südländisches Flair (und eine mediterrane Küche) hierher, die wirklich bereichernd ist. Und uns guttut. Bevor wir zum Schlafen wieder in die nasse, enge Kabine kriechen.