Auf nach Malta! Hinaus ins offene Mittelmeer! – Ich weiss nicht genau, was ich da tue. Mit einem lecken Ponton. Ohne telefonischen oder Internet-Kontakt zur ‘Aussenwelt’. Und zudem spinnt eine der Anzeigen eines Suzuki-Motors … Aber irgendetwas treibt mich voran. Ich möchte über Malta hinaus in grossem Bogen südlich von Sizilien die abgelegensten Inseln besuchen, die noch zu Europa gehören, möchte nach Lampedusa, nach Pantelleria auch. – Meine ArgoFram trägt mich auch ohne Pontons. Sie sind nur da zur Stabilität bei höheren Wellen. Jetzt gibt es keine höheren Wellen. Und telefonieren kann ich ab einer Distanz von 10 bis 20 km von der nächsten Antenne an Land ja ohnehin nicht.
Bald schon laufe ich in eine der Buchten um Valletta ein – und werde per Funk ‘abgefangen’; irgendwer möchte wissen wer ich bin, woher ich komme (als ob das nicht via AIS sichtbar wäre) und was ich hier wolle. Immerhin erhalte ich einen guten Hinweis, wo ich anlegen und die Nacht verbringen könne: Der mondäne Jacht-Hafen unterhalb der Stadt selbst … perfekt, stylisch, und preislich vergleichbar mit dem Promi-Hafen von Sotchi … Mir verschlägt’s die Sprache.
Nicht jammern. Denn sie finden mir ein Plätzchen, obwohl offiziell ausgebucht. Ich werde bei den Einheimischen Anlegern auf der anderen Seite der Bucht untergebracht, muss halt etwas weiter laufen – was soll’s. Sanju, ein gross gewachsener, sehr freundlicher ’Assistent’, von Indien dank einem Arbeitsvisum hierhergekommen, bestens ausgebildet und hier auf seinem abenteuerlichen Weg nach Europa angelandet, ist die perfekte Bezugsperson. Er bietet mir sogar an, mich mit dem Marina-RIB abzuholen oder hierhin zu bringen … Wer so lange und intensiv auf dem Wasser ist wie ich, über Tage hinweg, der braucht nicht noch mehr Komfort, sondern Bewegung! – Sanju merkt rasch, dass ich nicht seine übliche Klientel verkörpere, nicht mit Dollars wedle (auch nicht mit Euros), dafür aber ein offenes Ohr habe für mir Unbekanntes, für ihn, für seinen Werdegang und seine Ziele. So tauschen wir uns aus und ich spüre seinen Hunger, es noch weit zu bringen – vielleicht gelingt ihm der Sprung nach Grossbritannien? Vielleicht in die USA? Daran arbeitet er Tag und Nacht. Und verdient sein bescheidenes Geld erst mal hier am Hafen, weil Malta gezielt qualifizierte Arbeitskräfte sucht – dabei Überqualifizierung und hohe Motivation offensichtlich ausnutzt – und ihm diese Chance gab (wie er sich ausdrückt).
Bald stehe ich in der Altstadt, wo Inder und Pakistani das Strassengeschäft mit den Handys und Internetverbindungen beherrschen (alle vermutlich auch mit einem Arbeitsvisum hierhergekommen und dann ‘gestrandet’?) … Und erstehe mein neues Mobiltelefon, tausche die SIM-Karte, lasse mir das neue Ding konfigurieren – und bin wieder mit der Welt verbunden. Und hoffe, dass all meine Fotos, Notizen etc. auf dem alten Handy nach meiner Rückkehr gespeichert resp. irgendwie abrufbar bleiben. Und wenn nicht, auch egal, ich mache meine diese Reise für mich. Für mein Erleben. Ich bin neugierig – und wenn ich diese Neugierde nicht werde dokumentieren können, so habe ich sie doch gelebt. Also geniesse ich die wunderbare Abendsonne hier auf dem hochgelegenen Platz am Übergang von der Altstadt zur Busstation.
Marko hat mittlerweile mit dem Pontonhersteller Kontakt aufgenommen – die angebliche Zweigstelle hier entpuppt sich als schlechtes Marketingvehikel: Gut für den Verkauf, aber null Service. Wie weiter? – Einfach weiter! Die ArgoFram wird mich bis nach Marseille tragen.