Schon um fünf Uhr in der Früh öffnen hier die Bäckereien! – Ich fahre nach dem Aufwachen mit dem Velo hin, pflücke dies und das, und verkrieche mich wieder in meinem Schlafzelt (und geniesse). Es ist bitterkalt geworden über Nacht; eine leichte Eisschicht hat sich über die ArgoFram und alle anderen Boote gelegt, denn der Dunst ist allgegenwärtig, hartnäckig, und der legt sich auf allem als dünne Eisschicht ab, was sich in der Nähe des Wassers befindet.

Ich bin längst bereit zum Schleusen, und wie gestern kommen wieder mehr Betriebsmitarbeiter als nötig, um mich mit einer Mischung aus Skepsis und Neugierde zu begrüssen – meine Reise hat sich scheinbar herumgesprochen, nun will man sehen, wer das ist und wie das Boot wohl aussehen mag, das da durch den Kanal geschoben wird. Aber es gilt sich auch abzusprechen: welcher Betriebsmitarbeiter von wo bis wo mitfährt, wie man die Schleusung vornimmt, etc. – Wir sind im Elsass, hier lebt es sich emotionaler als im verkopften Basel; für einen Schwatz gibt es immer Gründe, also schwatzen wir, bevor es losgeht.

Gleichzeitig muss ich mich auch von den Leuten im lauschigen Hafen verabschieden – alles ist so unkompliziert hier, so nahe bei Basel. Fotos werden geschossen, alles Gute gewünscht, salut!

Der Nebel ist heute dichter als je zuvor; mit meinen Scheinwerfern durchsteche ich diese feuchte Wand, aber viel erkenne ich nicht von meiner Umgebung. Hauptsache, ich habe die Schleuse klar im Blick – da ohnehin alles im Schneckentempo vonstattengeht, bleiben wir entspannt.

Auch mit dem neuen Schleusenwart ist die Schleusung ratz-fatz erledigt; es hat sich ebenfalls herumgesprochen, dass ich nicht jedes Mal das Boot vertauen muss, sondern in die Schleusenkammer einfahre, den Motor weiterlaufen lasse, mit meinem Bow-Thruster die ArgoFram nötigenfalls in der Mitte der Schleusenkammer halte, und weitertuckere sobald sich die untere Türe öffnet: ein enormer Zeitgewinn!

Bald bin ich in Mulhouse, verabschiede mich bei der letzten Kanalschleuse, um in das künstlich angelegte Flussbett des Rheines einzubiegen. Der ‘Alte Rhein’, dieses beeindruckende Naturschutzgebiet, wird nicht befahren, sondern dient im Notfall (bei Hochwasser) als Überlaufgebiet. Und im Sommer als verspielter Wasserpark für Familien – wir waren jedenfalls oft dort, am Morgen mit den Velos hingefahren, mit den Kindern einen schönen Tag verbracht, und abends zurück.

Nun bin ich aber auf der anderen Seite, im neuen Rhein quasi, und warte vor der mächtigen Schleuse von Kembs geduldig auf den Einlass – erst als ein grosser Frachter kommt, wird geschleust. Dann hält mich nichts mehr, und ich fahre im gestreckten Galopp nach Weil am Rhein, wo ich anlege. Es wird schon Nacht und ich frage bei der Wirtin, ob ich für ein paar Tage ein freies Plätzchen im geschützten Hafenbereich haben könnte, aber leider gibt es dort keinen einzigen freien Platz mehr. Also hänge ich meine ArgoFram aussen an die Quaimauer, setze sie den heftigen Wellen der grossen Rheinschiffe aus – und lasse mich abholen und nach Basel chauffieren, um meine erste Nacht seit meinem Aufbruch im April wieder in meiner Dachkammer zu nächtigen.