Weiter im Text… Von nun an fahre ich bis zum Rhein ausschliesslich in einem künstlichen Gewässer, in einer von Dämmen und Mauern eingefassten Wasserstrasse, einem Kanal eben (der auch als Brücke über kleine Täler führt). Und bald schon erreiche ich den Scheitelpunkt dieses altehrwürdigen Verkehrswegs, 345 m über Meer.

Seit ich in Port St. Louis vor einigen Tagen losgebraust bin, habe ich also 345 m Höhe gewonnen! – In den nächsten beiden Tagen werde ich wieder 85 Meter in die Tiefe gelassen (der Rhein liegt bei Basel auf 260 m über Meer), von Schleuse zu Schleuse jeweils ein paar Meter – Geduld Geduld, das kommt schon gut.

Interessant ist, dass ich nun über die Wasserscheide Europas fahre – okok, im Grunde bilden die Alpen die Wasserscheide zwischen Nord und Süd, aber hier, an dieser Stelle, auf dieser lächerlichen Höhe von 345 Metern über Meer entscheidet sich, welches Wasser in die Rhone und damit nach Süden fliesst, resp. welches via Rhein in den Norden gelangt. Das finde ich wirklich spannend.

Mit dem Überqueren der Wasserscheide gelange ich auch in ein anderes Departement, und in diesem Teil Frankreichs wird auch die Schleusung anders gehandhabt: von nun an wird jede Schleuse wieder manuell betrieben, von einem Schleusenwärter! Aber weil ich mit der ArgoFram der einzige Gast auf diesem Abschnitt bin, lohnt es sich natürlich nicht, an jeder Schleuse eine Person zu belassen (das wird nur in der Hochsaison so gehandhabt). Bei mir finden die Verantwortlichen folgende Lösung: ein Betriebsmitarbeiter fährt mit mir (resp. im Auto neben mir auf der Strasse) dem Kanal entlang von Schleuse zu Schleuse, füllt die Schleusenkammer auf, öffnet die oberen Tore, lässt mich einfahren, schliesst die oberen Tore, lässt das Wasser mit mir drin ab, öffnet die unteren Tore, lässt mich hinausfahren und schliesst hinter mir die unteren Tore wieder.

Weil ich maximal acht Stundenkilometer fahren darf, überholt mich der Betriebsmitarbeiter mit seinem Auto jeweils bis zur nächsten Schleuse, lässt mich eine Stufe hinunter, überholt mich wieder… und so weiter und so fort, bis er irgendwann Mittagspause und am Abend Betriebsschluss hat. Dann muss auch ich anlegen und den Abend sowie die Nacht verbringen.

Dannemarie ist der perfekte Ort dafür: überschaubar, ‘hadgestrickt’ (und darum nicht perfekt), aber funktionsfähig, weil von Menschen geführt, die ‘ihren’ Kanal und die anderen Schiffsführer lieben. So kann ich mal wieder duschen, mich mit Elsässern in unserem Dialekt unterhalten – und ich bin mit meinem Velo rasch im Ortskern und insgesamt auch nicht mehr weit von Basel entfernt (ich kenne den Ort von früheren Velotouren). Ich bin nun dort, wo meine Heimat beginnt.