Am Morgen früh gehe ich auch hier zum Bäcker – wenigstens ein Lebenszeichen in diesem erlahmten Dorf. Das frisch gebackene Brot schmeckt köstlich. Nur Brot und dazu Garnichts (vorerst). Ein Traum. Doch ich verweile nicht, packe meine Sachen und fahre weiter.

Bei Besançon staune ich nicht schlecht, dass der Kanal unter einem mächtigen Felsvorsprung als schiffbarer Tunnel geführt wird: Was für eine Meisterleistung der Ingenieure der 18 Jahrhunderts. Gleichzeitig sehen wir hier, wie rasch es gehen kann, dass so etwas Starres (wie ein Trasse) durch die fortschreitende Entwicklung überflüssig wird – die Motorisierung machte den Warentransport durch einen Wasserkanal hinfällig, und heute ist dieser Kanal nicht mehr als ein Zeugnis von ökonomischem Wagemut und Flop zugleich. Die Strassen wurden zu neuen, weitaus kostengünstigeren und flexibleren Transportwegen, während diese Kanäle in der Kapazitätsfalle festsassen; Schiffe, die mit der Kraft der Pferde geschleppt wurden, konnten eine gewisse Grösse nicht überschreiten, also mussten die Kanäle und vor allem die Schleusen nicht grösser gebaut werden als nötig, folglich auch nicht die Tunnels. Und kaum waren Pferde durch Motoren ersetzt, wurde die Instandhaltung eines starren Kanalsystems zum finanziellen Fass ohne Boden.

Ich aber freue mich, dass zumindest das Notwendigste getan wird, um diese Zeugnisse einer Epoche halbwegs instand zu halten – und dass meine ArgoFram so agil ist, dass sie auch hier überall problemlos durchkommt: Ich fahre auf dem offenen Meer genau so wie im innereuropäischen Kanalsystem (nun gut, ich komme voran, nur nicht ganz so schnell). Und passe auch hier spielend durch diesen Tunnel.

Am späten Nachmittag erreiche ich den langgezogenen Hafen von Baume-les-Dames und finde hier einige Enthusiasten der Kanalschifffahrt, die sich auf ein Leben in Kanalbooten eingelassen haben – nicht zuletzt um wenigstens noch etwas Freiheit vor diesem übergriffigen Staat für sich und seine Liebsten zu erhalten. Denn hier schaut man nicht so genau hin, lässt den Leuten (weil es insgesamt nur wenige sind, die ohnehin als ‘etwas eigenartig’ gelten) einen gewissen Spielraum. Entsprechend bunt sind die umgebauten alten Lastkähne, oder luxuriös die neuen Kanal-‘Jachten’, die auch auf Seen oder in küstennahen Gewässern eine gute Figur machen.

Zu meiner freudigen Überraschung ist ein inoffizieller Hafenmeister anwesend; er führt ein Restaurant mit angegliedertem Hotel. Ich stelle mich vor, frage ob ich hier duschen und etwas essen kann, und gönne mir einen Hotelaufenthalt – auch, weil Hotelgäste maskenbefreit sind. Und er so viel zu tun hat, dass er mit einem Augenzwinkern vergisst, meinen ‘passe sanitaire’ zu kontrollieren (ich bin sein einziger Gast heute).