Gut gelaunt wache ich auf, pilgere zur Bäckerei und tatsächlich entdecke (und geniesse) ich eine lokale Spezialität. Danach schlendere ich durchs Dorf, kaufe noch ein paar Frischwaren, aber es bröckelt hier an allen Ecken und Kanten… Frankreichs Provinzen, ein trauriges Bild.

Dann öffnet auch schon die Touristen-Information, und ich lasse mich beraten, was es in der Umgebung Interessantes zu erkunden gäbe, bevor ich tanke und weiterfahre – ganze zwei Kilometer bis zur ersten Schleuse zum Rhein-Rhone-Kanal.

Der Schleusenwärter ist zunächst etwas mürrisch, weil ich so kurz vor seiner Mittagspause antanze, aber auch das bekommen wir hin, und zu guter Letzt gibt er mir noch einige Tipps für unterwegs. – Von nun an bin ich mehr oder weniger auf mich allein gestellt (was an sich nichts Neues ist), werden die unbemannten Schleusen doch durch eine Fernbedienung selbständig ausgelöst. Ich erhalte die Gerätschaften, eine Instruktion, und ein herzliches ‘bonne chance’ mit auf den Weg.

Spannend: Dieser Kanal wurde Ende des 18 Jahrhunderts gebaut und in Betrieb genommen. Er besteht aus künstlich geschaffenen Wasserläufen, von der Schleuse Nr. 75, wo ich mich jetzt befinde, bis nach Dole. Dann aber teilt sich resp. wechselt der Fahrstreifen zwischen den natürlichen Windungen des Flusses ‘Doubs’ und künstlichen ‘Abkürzungen’, meist mit Schleusen versehen, um das höhere Niveau des Doubs wieder zu erreichen.

Es ist ein gemächliches Vorwärtstuckern – und ich realisiere, dass es völlig unnütz ist, beide Aussenborder laufen zu lassen. Schon mit einem Motor verbrauche ich bei dieser Fahrweise mehr Sprit pro Kilometer als mit zügiger Fahrt mit zwei Motoren! (Zum guten Glück gibt es hin und wieder Passagen im Fluss, wo ich auch den zweiten Motor wieder ablasse und etwas Gas gebe… Zum guten Glück für mein Seelenheil.)

Um diese Jahreszeit sind kaum mehr Boote unterwegs. Ich habe also den ganzen Kanal/Fluss zu meiner Verfügung, werde fahren bis es eindunkelt (was immer früher der Fall sein wird) – heute schaffe ich es bis nach Ranchot, vorbei an langgezogenen, als brandgefährlich markierte Industrieanlagen (Anhalten verboten!), wie auch durch ausgedehnte, liebliche Wälder (Verweilen zwingend). Einmal ist es ist grau und qualmend um mich herum, dann wieder lieblich grün und schreiend vor natürlicher Schönheit.

Als ich am ‘Hafen’ von Ranchot, einer blossen Ausbuchtung im Kanal, die einem Parkstreifen auf der Autobahn ähnelt und Platz für vielleicht vier hintereinander liegende Boote bietet, ankomme, warte ich auf den Zahlmeister, der gemäss Anschlag noch vorbeikommen sollte. Aber da kommt niemand. Auch die Toiletten werden nicht geöffnet. Der Stromanschluss nicht freigeschaltet. Und das Dorf ist gespenstisch still. So koche ich bei der rasch anbrechenden Dunkelheit mit meinem Campingzeug eine Suppe und esse, nun völlig im Dunkeln sitzend, was die Region hergibt: feinen Schinken, Käse, Weissbrot.