Heute Morgen heisst es zunächst wieder mal tanken… Also laufe ich mit Trolley und sechs Kanistern für insgesamt 120 Liter Benzin durch die Ortschaft (immer auf etwas anderen Wegen), um genügend Sprit für mindestens zwei nächste Anlandeziele zu haben (Reserven sind zwar Ballast, erhöhen aber meine Reichweite bei Notfällen wie Dublin). Und dann muss ich auch noch (oder endlich) die Handpumpe für die Benzinversorgung eines Motors reparieren – ich habe immer wieder Motorstillstand und Marko vermutet, dass es an diesem an sich einfachen mechanischen Teil liegt.

Ich bespreche das auch mit dem Hafenmeister, sage dass ich sowas zum ersten Mal mache, und weil er auch gleich noch einen Shop für allerlei Ersatzmaterial betreibt, empfiehlt er, anstatt zu reparieren doch einfach eine neue Handpumpe zu kaufen. Ich entschliesse mich beides zu tun: Ich will reparieren, und eine Reserve bei mir haben, wenn’s wider Erwarten schief geht.

Die Reparatur führe ich via WhattsApp durch; Andi und Marko assistieren bei dieser Operation von Tallinn aus – obwohl dieses Problemchen vermutlich nicht einmal zur Grundausbildung eines Mechanikers gehört, sondern einfach Basiswissen jedes Bootsführers ist (sein sollte). Was zeigt, dass da wirklich ein völliger Anfänger dieses Boot steuert.

Ich gehe dann noch einmal nach Aberystwyth hinein, schaue mich um wie dieses Städtchen bei Tageslicht ausschaut, und esse in einem der wenigen hervorragend renovierten Altstadtgebäude zu Mittag. – Ich kann es auch darum ruhig angehen, weil bei Ebbe eine Ausfahrt schwierig wäre (Fahrt mit Echolot, bis ich dann doch an einer Schlamm-Sandbank hängen bleibe, weil das Echolot am Heck angebracht ist). Das brauche ich nicht, nehm’s lieber mit Gemütlichkeit.

Die Fahrt nach Milford Haven verläuft erneut spannend – diesmal bin ich vorbereitet; ich habe meinen Zielort zuvor mit dem Hafenmeister auserkürt, und er hat mich gleich darauf aufmerksam gemacht, dass die Passagen bei Ramsey Island und Skomer Island ‘interessant’ werden können… Diesmal habe ich nachgeschlagen und finde: “The waters around Ramsey Island have significant tidal effects, and tidal waterfalls occur between The Bitches (Felsen in der Meerenge). The asymmetrical underwater flow can be 3.8 m/s northward (flood) and 1.9 m/s southward (ebb), with some turbulence.” Und, um über den Tellerrand hinaus zu blicken, über die ‘tidal effects/waterfalls’ ist zu lesen: “This is a natural occurrence whereby a fast-moving tide passes through a constriction, resulting in the formation of waves, eddies and hazardous currents.” – Nett, denke ich mir. Hindurch fahren werde ich sowieso, gehe nicht aussen um die Inseln herum. Denn ich weiss mittlerweile, dass ich die Situation rasch erfassen und angemessen reagieren kann, und der ArgoFram ohnehin einiges zutraue. (Darum halte ich schon mal die Kamera bereit und nehme die Durchfahrt auf.)

In Milford angekommen, begegnen mir sehr freundliche Menschen, aber ich bewege mich einmal mehr eine ‘tote’ Stadt. Dieser Flecken, dieses Great Britain ist kaputt, geht es mir durch den Kopf (und das Herz), sorry! – Die hohe Arbeitslosigkeit lässt alles und fast alle verkümmern hier.

Investoren versuchen zwar etwas zu machen; der ganze Hafen wurde um- und mit ansprechenden Gebäuden und Restaurants und Dienstleistungsbetrieben neu gebaut, aber das hat den Kern der Ortschaft nur weiter ausgehöhlt. Kommt hinzu, dass – gerade weil es so ‘billig’ ist, hier Liegenschaften zu erwerben – die vielen leerstehenden Häuschen und Reihenhäuser von Auswertigen aufgekauft werden, um in Zeiten wie diesen (Corona) aus den Städten zu fliehen und gleichwohl etwas eigenes zu haben, wo man fürs Wochenende hingehen und seinen Frieden haben kann. Integrieren will und wird sich von diesen ‘Zuzügern’ aber niemand. – Es macht mich nicht an; ich esse auf dem Boot.