![Foto 022](https://circumnavigate.blog/wp-content/uploads/2022/01/Foto-022-scaled.jpg)
Ich fahre im frühmorgendlichen Dunst los und schleuse mich empor zum Loch Oich, dem Scheitelpunkt des Caledonian Canal, rund 40 m über dem Meer. Die Saison ist scheinbar vorüber; die wenigen Boote, die jetzt noch unterwegs sind (so früh ist ohnehin niemand unterwegs), verteilen sich auf rund 100 km im ganzen Great Glen. – Ich bin weit und breit der einzige hier; unter mir dunkles aber erstaunlich warmes Wasser, um mich herum endlos scheinendes Grün der Wälder und Wiesen, über mir das wolkenlose, helle Blau eines sich ankündigenden Sonnentages, und über den Höhenzügen links und rechts dieser mehr fühl- als sichtbare schottische Dunst, der den Great Glen (und mich mitten darin) wie einpackt. Herrlich.
Ich könnte rasch in Fort Williams sein, der nächsten grösseren Stadt am Atlantik auf der Westseite Schottlands. Doch auf einmal bricht die Sonne gänzlich durch und ich schaue mich um, lege an einem Steg an, gehe schwimmen, lege mich zum Sonnenbaden in die Kabine, und tue nichts. Endlich angekommen, irgendwie.
Später, irgendwann, ich kann’s nicht lassen, schaue ich auf die Wetter App: Rund 150 km nördlich tobt das angekündigte Unwetter von den Äusseren Hebriden, entlang der schottischen Nordküste, bis zu den Orkneys.
Hier ist nicht einmal der Hauch eines Lüftchens spürbar. Bin ich ein Glückspilz! Heute ist mein Tag – er dauert eine gefühlte Ewigkeit.
Gegen Abend fahre ich weiter durch Loch Lochy und den Kanal nach Banavie, einem Nest mit vielleicht 30 Häusern, einer Whisky-Brauerei und immerhin zwei Souvenir-Shops. Ich nächtige oberhalb der achstufigen Schleuse, die mich morgen früh zum Atlantik hinunterführen soll. Noch etwas Fitness, eine Dusche, und ein schöner ruhiger Abend klingt mit dem ersten Schluck jenes Baileys aus, den ich vor langer Zeit in Viimsi gekauft habe… Das hat eine Weile gedauert – jetzt kann ich den Moment geniessen.