
Endlich raus aus Lowestoft. Endlich wieder Fahrt aufnehmen – auch wenn das Gefühl für die wogende See nach dieser Zwangspause erst wieder gefunden werden muss…
Endlich auf nach Whitby, der Ortschaft, die ich während so vielen Gesprächen angepriesen bekommen habe. – Weit draussen, noch lange bevor ich ankomme, sehe ich plötzlich und sehr überraschend schräg vor mir Rückenflossen auftauchen, abgleiten, auftauchen, und fühle mich gleich an die Erlebnisse beim Whalewatching bei Seattle erinnert. Mache auch gleich was ich damals gelernt habe: Motor drosseln, Bewegungsrichtung antizipieren, dann aufdrehen und in grossem Bogen vorausfahren, um mit ausgeschaltetem Motor zu warten resp. die Wale/Delfine auf mich zukommen zu lassen.
Aber sie kommen nicht, oder weit entfernt von mir und wohl ganz wo anders… Aber dann tauchen plötzlich lustige Köpfe aus dem Wasser auf, gaffen mich an! Also gehe ich langsam auf sie zu, bis sie sich wegducken. Seehunde? Sie schauen mit ihrem Blick wahrlich danach aus. [Nachtrag: Es soll sich nicht um Seehunde gehandelt haben, sondern um Kegelrobben, wie die Auswertung der Filme zeigt.] Jedenfalls war es eine unerwartete, äusserst erfreuliche Begegnung der besonderen Art hier draussen!
Die nächste Begegnung war eher verwirrlich: Auf dem Weg nach Whitby sehe ich immer mehr Bojen und/oder Flaggen im Wasser tanzen und mir wie zuwinken – Markierungen für Fischernetze? Wie in Finnland so häufig gesehen? Aber wo beginnen diese Netze, wo enden sie?! Wie muss ich sie umfahren, um nicht mit den Propellern hängen zu bleiben? Ich habe keine Wahl, muss immer wieder Tempo rausnehmen. Aber weder die Anordnung dieser Merk- oder Warnzeichen erschliesst sich mir, noch wie gefischt wird. Bis ich ein Segelboot vor mir sehe, das sich um diese Markierungen foutiert, und mit seinem langen Kiel einfach geradeaus durch die Fähnlein durchfährt. Hoppla?!
Slalom fahrend erreiche ich dann Whitby, und bin sogleich eingenommen vom Erscheinungsbild dieser Küstenstadt und den vielen gutgelaunten Menschen/Familien, die am Ufer flanieren, und auch von der sehr originellen Anordnung der Jahrhunderte alten Häuser entlang der Flussmündung. Auch der Hafenmeister ist gut gelaunt, Corona existiert wie nicht, und kaum angelegt habe ich einen ersten Kontakt mit der Fischereiaufsichtsbehörde. Ihre Boote fahren täglich raus, um die Fischer auf See zu kontrollieren, ob sie die Fangquoten einhalten (was sie angeblich selten tun, und die fällige Busse schlicht einpreisen). Aber diese Fischschutzpolizisten erklären mir die Fangweise; ich erfahre endlich, dass nicht mit weit ausgespannten Netzen gefischt wird, sondern entweder mit Langleinen (und unzähligen Haken daran), oder dass die gesehenen Markierungen von Krabbenfängern stammen, die ihre Netzkörbe in die Tiefe (auf den Grund) ablassen, um sie Tage später wieder rauf zu holen, meist prall gefüllt mit den sehnsüchtig erwarteten Krabben.
Beim anschliessenden Stadtbummel sehe ich nicht nur, sondern rieche förmlich, dass Whitby eine Hochburg der ‘Fish and Chips’-Gastronomie sein muss…, und dass Whitby ein Hotspot der Tagesausflügler aus dem Hinterland ist, wo (wie bei uns das Älplerdasein) das Fischerdasein zelebriert wird. – Es gibt Fish ’n’ Chips Buden, und es gibt gehobene Ansprüche befriedigende Fisch-and-Chips-Restaurants, optisch zumindest. Serviert resp. konsumiert wird aber immer dasselbe: Triefend frittierter Kabeljau und latschige Pommes. Auch ich probiere; mein Restaurant schaute von aussen wirklich blendend aus!..