
Nun sind einige Tage vergangen, der Sturm scheint vorübergezogen (Martina ist nach Hause zurückgekehrt 😉 und ich mag nicht weiter warten. Ich mag es nicht, so wie viele Segler hier, den ganzen Tag im Cockpit zu sitzen – dieses abwartende Nichtstun. Ich habe kein gemütliches Cockpit, keine lässigen Sitzgruppen und keinen kaltgestellten Wein, ich will weiterfahren – Bornholm adieu, heute breche ich auf. Richtung Kiel. Auch wenn es schon Nachmittag ist. Los geht’s.
Vielleicht hätte ich noch eine weitere Nacht zuwarten sollen (wie es alle Segler hier tun). Denn kaum bin ich wirklich draussen, kommt ordentlich Wind auf, oder ich fahre dem Wind entgegen, je nachdem – wäre ja super für die Segler… Aber da sie viel länger unterwegs sind als ich, eine Nachtfahrt wenn möglich meiden, und diesen Wellengang auch nicht sonderlich schätzen, vertrauen sie der Prognose und schlafen im Hafen. Genau das denke ich auch; vielleicht sind weniger Wellen jetzt ganz angenehm, nach zwei Stunden im Schüttelbecher. Und biege vorzeitig nach Süden ab, fahre nach Rügen und verziehe mich in die geschützten Gewässer dieser Inselgruppe. Eher spontan entscheide ich mich für den Hafen von Vitte. Lege an, führe ein paar nette Gespräche (auch hier fällt die ArgoFram natürlich auf – und mir fällt auf: ich habe schon länger nicht mehr deutsch gesprochen), esse noch was, und gehe schlafen.
Das Erlebnis aber, das diese Überfahrt dennoch so prägend macht: Unterwegs begegne ich einem mächtig dahingleitenden Dreimaster. Und entscheide mich, ihm hinterherzufahren, ihn zu umrunden, mir den Anblick von nahe zu gönnen – und erkenne: Das ist ja genau diese Freiheit, die ich irgendwie immer ersehnt habe! Ich kann mit dieser ArgoFram fahren wohin ich will, wie ich will, bei nahezu jeder Wellenkonstellation. Das Schiff hat die Power, ist wendig, und trägt mich dahin, wo ich es für gut befinde. Und nun finde ich es gut, mir die Zeit zu nehmen, dem Dreimaster nachzujagen, ihn zu überholen, ihn zu umrunden und den Anblick dieses erhabenen Wellengleiters zu geniessen. Ja, das ist es was ich wollte – voilà!