Wieder sollte Georges recht behalten … wieder schlagen mir Strömungswellen aus dem Norden entgegen, ohne auf den Wetter-Apps ersichtlich zu sein! – Diesmal auf dem Weg von Kreta Richtung Peloponnes, darum halte ich mich etwas nördlicher als geplant, um so Wind und Wellen besser zu begegnen: ein Spiel oder Tanz mit deutlich reduzierter Geschwindigkeit … Das zieht sich mehrere Stunden hin, bis ich bei einer grösseren Insel (Kithira) ohne anzulegen nach Westen abbiege. Und von da an quasi im Wind- und Wellenschatten dieser Insel mit normaler Reisegeschwindigkeit ökonomisch optimal und ohne weitere Schaukelbewegungen in weiteren zwei Stunden in Funikuda anlande. – Die Ägäis ist für mich noch immer voller nautischer Rätsel!

Warum bin ich so zielgerichtet hierhergekommen? – Finikuda war in früheren Jahren unser Ferienparadies; meine Eltern sind mit mir und meiner Schwester mehrmals hierhergekommen (das muss etwas mehr als 50 Jahre her sein). Nun möchte ich ‘nachsehen’, was aus diesem Ort geworden ist. Ich mag mich noch gut an die Häuserzeile mit ein paar Restaurants samt Gästezimmern entlang des kleinen Strandes in dieser Bucht erinnern, und an den kleinen Hafen, und natürlich an den riesig-langen Sandstrand auf der westlichen Seite dieses Ortes, wo wir ‘geblüttlet’ haben und wo westeuropäische Hippies und griechisch-orthodoxe Priester sich gegenseitig das Leben schwer gemacht haben …

Ich erkenne Finukuda sofort wieder. Nichts ist wirklich anders; viele einstmals nur rudimentär gebaute Häuser wurden aufgestockt, aber die Grundstruktur ist weiterhin dieselbe. Nur schöner angemalt, trendig, mit noch ein paar zusätzlichen Restaurants/Bars, Souvenir-Kiosken und einem Gürtel aus weiteren Häuserzeilen im Hinterland sowie einigen grösseren Einkaufsläden am Dorfeingang. Aus dem einstmaligen Hippie-Beach ist ein Zeltplatz geworden, flankiert von ein paar schicken Ferienhäusern und zwei eher improvisierten Restaurants. Aber ganz offensichtlich kommen weiterhin Camper und andere Freiheitsliebende hierher, um bei minimaler Infrastruktur ausgedehnte, unaufgeregte Sommertage zu verbringen.

Neben mir im (inzwischen erneuerten) kleinen Hafen liegt Jan mit seinem schönen Freizeitboot; Jan ist ein cooler, stämmiger Holländer, der vor rund 35 Jahren als 40-jähriger hierherzog, ein Anwesen oben am Hügel dieser Bucht erbaut und an der Entwicklung dieses Fleckens gehörig mitgewirkt hat. Frühzeitiger gehobener Ausstieg … Sun, fun and nothing to do … Hohe Lebensqualität, tolles Klima, gewiss, aber ohne Kontakt und Besuche in der Heimat wäre das Leben hier etwas öde. – Heute geht es Jan nicht so gut, das Gemüt … Seine Kinder wollen sein Anwesen nicht übernehmen, seinen Lebensstil nicht teilen. Und obwohl schon seit Urzeiten hier und eine wichtige Person geworden, ist er der coole Holländer geblieben. Kein Grieche aus Finikuda.

Langzeitfolgen eines erfolgreichen Ausstiegs? – Ich merke mir: Integration ist eine gegenseitige Angelegenheit; ein schnittiges Freizeitboot ist kein Fischerboot, ist ein Statussymbol und kein Arbeitsinstrument. Jan hat gewiss zum Wohlstand in und um Finikuda beigetragen, hat Investitionen begünstigt. Aber könnte es sein, dass er gerade von seinem eigenen Engagement überholt, wenn nicht überrollt wird? Oder ist seine etwas nachdenkliche Art die ‘natürliche’ Folgeerscheinung des Alters?