Die Einfahrt in den Jachthafen von Sysran gestaltet sich ‘tricky’: über den Winter von der Wolga verschobene oder angehäufte Sandbänke, die weder auf einer Karte verzeichnet noch durch Bojen zuverlässig markiert sind – aber zum Glück verfügt die ArgoFram über ein Echolot-System, und es gibt es Unentwegte oder lokale Fischer, die mit ihren Booten in die Wolga hinausfahren und deren Fahrverhalten wir beobachten können, was uns schliesslich in den Hafen hineinfinden lässt. Von da an mussten wir noch einmal rund eine halbe Stunde zu Fuss gehen (Sysran und ihre Industrieanlagen sind durch ein umfangreiches Dammsystem geschützt, was darauf hinweist, dass die Wolga erheblich ansteigen und weite Teile überfluten kann…), bis wir endlich im Ortskern ankamen. Aber was sage ich, Ortskern…, Sysran ist eine Stadt der Grösse Basels – nur: wo sind bloss die Einwohner? Der Ortskern sieht eher ländlich und verschlafen aus; eine Durchgangsstrasse, ein paar Geschäfte und Restaurants, alle Häuser meist zweigeschossig, ich hätte auf maximal 30’000 Einwohner geschätzt. Aber eben, hier umfasst eine Stadt ein riesiges Gebiet, so dass auch ohne Skyline oder Ballungszentrum derartige Einwohnerzahlen zustande kommen.

Kurz vor unserem Aufbruch in die ‘Stadt’ haben wir keine 50 m von der ArgoFram entfernt eine kleine Containersiedlung entdeckt und dort auch Irina, Alla sowie Oleg, die sich bereits am heutigen Freitagnachmittag hierher zurückgezogen haben, um ihr Wochenende einzuläuten. Sie besitzen kleine Baracken, die sie hübsch ausgeschmückt haben, und bilden eine eigene, in sich geschlossene kleine Welt hier in diesem Hafenareal. Als wir von unserem Stadtrundgang zum Hafen zurückkommen, werden wir prompt zu einem zweiten Nachtessen samt herzhaftem Umtrunk eingeladen! – Der Grill wird angeworfen, Gläser werden herbeigeholt, und da ist sie wieder, diese spontane Willkommenskultur, dieses (aus Schweizer Sicht) unverblümte Eintreten-Dürfen in die gute Stube, in den Privatbereich (in diesen ‘Naheraum’), der mit dem zusätzlich offerierten Quäntchen Alkohol noch viel offener und zugänglicher wird, als wir Schweizer uns das je erträumen könnten.